Bericht zur Transalp 2006

Norbert Losch / 152A

Letzter Tag in Offenbach: 23. Juni 2006

Ich habe schon Urlaub heute - fein! Die Tasche ist gepackt, ich freue mich, dass Konrad heute anreist. Geschlafen habe ich gut, beim Frühstück einen Blick in den TV, Konrad´s Maschine ist pünktlich, also mache ich mich auf den Weg, ihn und sein Bianchi-Bike abzuholen.

Der Ärmste ist Dank der Sparpolitik der Airlines völlig hungrig und (fast) auf Wunschgewicht! Nach einem stärkenden Frühstück mit Nussbaumer´s besten Wurstwaren schnell bei Rocky vorbei und die heissersehnten, wunderschönen FdR-Trikots abgeholt, dann weiter in den Odenwald für einen letzten 70km Bikecheck.

Abends kocht uns Konrad zum Auffüllen der Kohlehydratspeicher einen ungewöhnlichen, sportgerechten Wursttopf Spaghetti Art, den wir zu Brot und gutem Dijonsenf auffuttern.

Das Bruderpaar.

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Anreisetag: 24. Juni 2006

Kurz vor A´Burg schon der erste Stau! Das kann ja heiter werden - und wen sehen wir da: Herrn Ritzel mit seinem Daimler und Bernd.

Gegen 13:00 Uhr sind wir dann in Obergammelau, melden uns brav an. Herr Ritzel und Bernd sind schon da, kurz nach uns kommen die Grand Masters Klaus und Fred, auf dem Wege zum Hotel sichten wir auch noch Horst und Dirk, also sind alle Verdächtigen am Tatort! Wir verabreden uns noch für eine Teamausfahrt mit - Überraschung - Dame. Irmy, unsere Trikotdesignerin, Teamrepräsentantin, -fotografin und Wetterfee, reimt sich auf Schnee, ist aufgekreuzt! Das Einrollen bedarf keiner Erwähnung, da das Wetter uns droht und zur Umkehr zwingt. Danke Irmy, das sichert uns das Nichtverpassen des D-Spiels gegen Äquator oder so ähnlich.

Wir beschließen, für die Tourwoche ein Wettbüro einzurichten, Konrad ist der Ziehungsleiter. Abends gewinnt dann auch gleich noch Deutschland gegen den Null-Breitengrad.

1. Etappe Oberammergau - Sölden, 25. Juni 2006

Alle sind hypernervös, wie Rennpferde vor dem Start. Wann müssen die Taschen weg, was ziehen wir an, wie wird das Wetter, habe ich alles - der Kopf spinnt.

Im Gegensatz zu Rennpferden ist noch nicht mal sicher, daß wir nicht gefressen werden! Bruno hat Hunger und mit Squeezy geteerte Paßstraßen könnten ihn herbeilocken. Rocky schmeißt erstmal den mitgebrachten Mohnkuchen auf den Teppich des Frühstücksraumes. Nanu, nicht nur der Mohnkuchen hat jetzt schwarze Pünktchen! Besser wär´s gewesen, ich hätt´ mich beim letzten Teammeeting gegen die ganzen Schwachleister durchgesetzt und auf Aufessen des Kuchens bestanden! Man kann ja nicht immer nur vernünftig sein! Nieder mit der Vernunft! Friede dem Kuchen, Krieg den Diäten!

Dann stehen wir 8:45 Uhr in der Startaufstellung, 10:00 Uhr geht´s erst los, also noch mal am Squeezy-Stand vorbeischauen und die von Rudi Altig am Tourstand in Empfang genommene Jeantex-Trinkflasche auffüllen lassen. Da kann Irmy jetzt also eine der anderen mit erlaubtem H2O gefüllten Trinkflaschen bekommen, da sie ihre eigenen zuhause liegen lassen hat, vermutlich wegen Jugendalzheimer. Hoffentlich schmeisst sie die Trinkflasche nicht am ersten 0,5%igen Anstieg aus Gewichtsgründen in den Graben, wie´s Profis tun, wär´ schade drum!

Dirk, der Tour-Fotograf, wird auf uns aufmerksam, als ich beim Versuch, etwas Sinnvolles aus dem Röhrborngassenschild zu basteln, dieses mit lautem Scheppern aufs Pflaster fallen lasse, was mir von Klaus einen anklagenden Blick einbringt.
Also schnell ein Gruppenfoto gemacht und die Kurzform der Röhrborngassenstory erzählt - der Anfang einer wundervollen Karriere?
10:00 Uhr, der Startschuss von Rudi Altig, die ersten Startreihen fallen im Kugelhagel des Stand-MGs, überall Blut und Todesschreie ... sorry, stimmt nicht, die Phantasie hat mir einen Streich gespielt, das Rennen ist nur eröffnet, es geht los! Und wie!! Als ob Rom doch an einem Tag erbaut wurde!!! Hastenichgesehen sind wir mit einem Schnitt jenseits der 35 km-Marke am Fusse des Hahntennjoches, nur leider weiss ich auch nicht, mit welchen Energiereserven ich da noch drüber kommen soll! Was bleibt, ist der kärgliche Rest an körpereigenem Fett, der zwar für 2-3 Weltumrundungen reicht, aber kein Renntempo zulässt. Na, noch geht´s.
Nach der Verpflegung in Roppen (nach Imst) stehen noch die 40 km und 400 Hm nach Sölden an, kein Problem! - Kein Problem? Was ist das? Ich muss reissen lassen, kann Horst und der Gruppe um ihn nicht folgen! Die Batterieanzeige meldet "Alles ok, noch 72.000 km Energierserve". Das kann´s also nicht sein, also Instrumente weiter checken. Aha, da steht´s, der Drehzahlmesser meldet, roter Bereich ab 135 bpm. Das ist nicht viel, da stehen sonst 185 als Maximum. Naja, was soll´s, wenn wenigstens mechanisch alles in Ordnung ist. Auf einmal blinkt die Warnleuchte rechts, Magnesiummangel im rechten Muskelpaket, Oberschenkel - sofortiger Lastabwurf, Blockadegefahr! Verdammte Hacke, wo ist die Nadel, die sich die Russen in solchen Situationen immer in die Oberschenkel gerammt haben, so wenigstens überliefert von Friedensfahrt-Urgestein "Heppe". Ich glaub´garnichts mehr, s´waren damals vielleicht Magnesiumnadeln.
Irgendwann, unter Nutzung unerlaubter Hilfsmittel, wie den van Os-Sisters(67 A+B) auf die Ärsche schauen, erreiche ich Sölden und mache an dieser Stelle zum wiederholten Male drei Kreuze, dass es vorerst geschafft ist. Mein XL-Teampartner Litespeed-Horst, dem ich die Erlaubnis zum Entfernen gegeben hatte, hat mir mal eben locker 8min abgeknöpft. Platt? Das Schollenfilet wäre beleidigt gewesen, weil es neben mir wie Kugelfisch gewirkt hätte!
Nach und nach trudeln alle FdRs ein. So richtig happy schaut keiner aus. Das ändert sich, als sich herausstellt, dass der Marathontrainer das Hotel direkt an der Ziellinie gebucht hat und genügend Gerstenkaltschale zur Verfügung steht. Solange ich nicht an die noch kommenden Etappen zwei bis sieben denken muss, fühle ich mich super!

Norbert am Start

Ein starker Typ...

Roehrborn-Start-288

..Start in Obergammelau, nichts kann uns mehr aufhalten.

2. Etappe 25.06.2006, Sölden - Brixen

Ich gehe die Etappe vorsichtig an, d.h. ich versuche am Timmelsjoch meinen eigenen Rhythmus zu finden, was auch gelingt. Es ist doch noch recht kühl hier oben auf dem Dach der Transalp (2.509). Die Abfahrt lasse ich vorsichtig angehen. Es gibt einige Harakiri-Piloten - ich kann nur den Kopf schütteln - hoffentlich nehmen sie niemanden mit nach Walhalla! Der Rücken und der Nacken schmerzen von der Abfahrt, die Erinnerungen an den Ötzi werden wieder wach, als ich mich gemeinsam mit Dirk hier hoch gekämpft habe. Dann kurz vor St. Leonhard in einer Kurve zwei bekannte Trikots, Konrad und Horst, ein Defekt? Oh Schreck, Konrad ist am rechten Ellbogen verbunden, das dazugehörige Knie ist von der Tapete befreit und die nagelneue Jeantex-Regenjacke sieht ziemlich mitgenommen aus. Die Aufklärung: ein geplatztes Vorderrad brachte Konrad dem Asphalt näher als geplant, zum Glück keine ernsthaften Schäden an Maschine und vor allem Mensch! Die Erstversorgung kam von einem KTM-Piloten - ein Grund mehr, dem drängenden Wunsch nach Veränderung nachzugehen. Horst bekommt heute den Fairplaypokal für die teamübergreifende Hilfe an Konrad.
Konrads Moral ist nach dem Sturz mies. Es macht keinen Sinn, ihn mit Fragen zum Hergang des Sturzes zu löchern. Konrad ist ein harter Hund, da hilft nur der Versuch, auch am Jaufenpass eigenes Tempo zu fahren - Puls 155 - das hängt bei 10 kg Handicap normalerweise keinen Ironman ab - so auch nicht Konrad. Tapfer beisst er sich immer wieder heran. Fast oben am Jaufen sehe ich links noch die Enzianhütte, ein kurzer Seitenblick aus den Augenwinkeln genügt, um festzustellen, dass Rocky Ritzel seiner Sucht nach diesem Ekeltrunk widerstanden hat - kein Trek-Ding weit und breit zu sehen. Die Jaufenabfahrt ist Konrad schon wieder ziemlich flott unterwegs. Beim Jacke ausziehen in Sterzing ergibt der Temperaturtest an der Felge, dass er die VR-Bremse kaum berührt haben dürfte, nachdem das grosse Blatt aufgelegt war.
Bis Brixen rollen wir in einer guten Gruppe, die durch Fred Doppelblitz von Flieden gut ergänzt wird. Wo der Bursche schon wieder herkommt, er muss einen direkteren Pfad vom Jaufen genommen haben!
Durchs Weinberggewurst entledige ich mich der Verletzten in der Gruppe und fahre die letzten km bis Brixen noch knapp 2 min Vorsprung auf Konrad raus.
Er geht gleich zu den Rosejungs, um das Bike reparieren zu lassen, während ich zu den anderen FdRs in den Schatten einer Freibierbleifreifreiluftgastronomität aufschliesse, nicht ohne Konrad noch, der in der prallen Sonne warten muss, Erdnüsse und bleifreies Forstbier für ein glänzendes Bauchfell vorbeigebracht zu haben.
Das Hotel ist weit entfernt, ca. 400 m, aber besser als nach St. Andräa (500Hm) hoch zu müssen! Wo bekomme ich für Konrad eine Wurzelbürste zur Wundbehandlung á la Aldag her? Statt Nudelparty gibt's heute Pizza und das auch nur, weil Kalbsleber schon aus ist. Italien gewinnt sein Vorrundenmatch, was eine funny Prozession nach sich zieht.

3. Etappe 26.06.2006, Brixen - St. Vigil

Gleiches Spiel wie gestern, gleich in den Anstieg zum Würzjoch rein, Rhythmus finden und hoch geht´s. Konrad, Dirk und Horst sind mehr oder weniger in Sichtweite.
Nach Verpflegung 1 fahre ich mit Horst. Konrad, Dirk und Frank sind knapp vor uns. Konrad und Dirk helfen einem Radler, der alles dabei hat ausser Reifenhebern. Rocky zieht vorbei, ohne den Schuh aus dem Pedal zu nehmen - 3 dicke Minuspunkte. Horst und ich haben Konrad und Dirk auf dem Würzjoch noch in Sichtweite, auf der Abfahrt schliessen wir auf. Kaum hatte ich Dirk zugerufen: "mach´ dich lang, Voigte", knallt ihm auch der Vorderreifen weg. Zum Glück bleibt der Sturz aus. Vielleicht sollte ich einfach mal meine Fresse halten, nachdem ich erst eine Woche vorher Michis Reifen mit dem Zuruf, "da geht noch was" gesprengt habe. Wir reparieren schnell und wollen weiter, da passierts beim Aufpumpen - der Reifen ist defekt und der Schlauch kommt zum Vorschein und knallt weg - nix zu machen ohne neue Decke. Nach ein paar Telefonaten, die klarmachen, dass nur warten auf die braven "Ritter der Rose" hilft, machen Horst und ich uns auf den Weg. Konrad bleibt und erntet damit den Fairplaypreis des Tages wegen teamübergreifender Hilfe trotz damit verbundenem massivem Rückstand von ca. einer Stunde.
St. Vigil erreiche ich mit Horst erstmals gemeinsam als Team, was auch der ferkelige, neunzehnprozentige Pass (Furkelpass) nicht verhindern konnte.
Abends gibt´s lecker Chicken und … wir sind in der Gazetta!!!
Also auf, nix wie los, den Marathontrainer beischaffen, der sich, ziemlich ermattet, erstmal einer HWH-Therapie unterziehen wollte. Wie vermutet baut ihn dieser Erfolg mächtig auf, wir, die FdRs in der Gazetta mit unseren Trikots, darauf eine Runde Bier und Huhn für den Meister, dem der Appetit zurückgekehrt ist.

4. Etappe 28.06.2006, St. Vigil - Wolkenstein, Königsetappe

Morgens die Überraschung - Gewitter zieht auf! Schöne Sch…
Ich baue das Schutzblech ans Rad, lasse dicke Ärmlinge und Überschuhe aus der Tasche draussen. Beim Start ist die Strasse noch feucht, aber sie trocknet ab. War das ein Fehler mit dem Schutzblech? Zeit zum Nachdenken am langen Anstieg zum Valparolo. Konrad schliesst im Anstieg auf. Wegen der gestrigen Verzögerung musste Team L aus Startblock C starten, was aber so nicht jeder aus dem Team akzeptieren konnte.
Oben zieht auf einmal eine Wolke über den Berg zur Passhöhe herein, ein Wind geht los und es wird schlagartig ungemütlich. Also schnell verpflegt, Jacke und Weste an und ab ins Tal hinabgesurft, jawohl gesurft - das Wasser läuft in Wellen den Berg hinab!!!
Am Anstieg zum Giau ist´s schon wieder trocken. Ein dankbarer Pass, leicht zu fahren. Horst, Konrad und ich bilden heute eine gut harmonierende Gruppe und kommen über Campolongo und Grödnerjoch gut nach Wolkenstein.
In Wolkenstein dann die Überraschung, unsre Röhrborngassenfreundin ist anwesend! Noch Fragen zum Wetter?
Die nächste sportliche Herausforderung ist relativ einfach gelöst, das Örtchen ist abends um 22:00 eine bierfreie Zone, nicht mal lauwarmes Alkoholfreies ist noch zu bekommen - eine Enttäuschung. Klaus stärkt sich mit Leber und Kartoffeln nach Bratsherrenart. Steht da für morgen eine Attacke ins Haus?

Wolkenstein

...nach durchstandener Etappe in Cloudestone.

5. Etappe 29.06.2006, Wolkenstein - Alleghe, die heimliche Königsetappe

Als wir aufwachen, ist das Unwetter schon in vollem Gange. Fein, dann ist´s zum Start ja wieder vorbei, dachte ich, aber nicht so das Unwetter! Beim Frühstück, ich fühlte mich ganz gut, ausser der grossen Müdigkeit und dem vertrauten Gefühl, erst mal Kotzen gehen zu wollen, fiel wohl der Entschluss, heute geht was. Dirk wollte seinem ständig abwesenden Teampartner auch mal was aufbrummen. Also Horst noch informiert und zurück aufs Zimmer. Armlinge dünn und Regenjacke lagen bereit, keine Weste, sonst alles da! Alles da? Scheisse, keine Rennmütze, das heisst Sicht zero für mich als Brillenträger mit Korrektur, wegen des zwischen die Scheiben laufenden Wassers. Konrad war so freundlich, mit mir den Helm zu tauschen - seiner hat´n Schild.
Am Start immer noch Regen, also Start aus der Tiefgarage mit Regenjacke und getauschtem Helm - fertig ist der Tarnkappenrennradfahrer! Und als Bonus 8 angesagte Mehrkilometer wegen weggerutschter Strasse und 400 verschwiegene MehrHm!!! Bei der Tour vor ein paar Jahrzehnten hätten die Rennfahrer noch "Ihr Mörder" gerufen!
Ab in den Anstieg zum Sellajoch, einem gleichmäßig steigendem Pass. Ach, da rechts ist ja noch unser ständiger Ausreisser vor Begleitung, der Herr Ritzel. Also mal die Tarnkappe ausprobiert und ganz links vorbei. Mein Schatten, Konrad, ist dabei, fein.
Vom Sellajoch mit der gebotenen Vorsicht bei andauerndem Regen zu Tale und gegen die Kälte den zweiten Pass hoch zur ersten Verpflegung des Tages. Vorsprung? Unbekannt! Also fix, wollen mal sehen, wie sich Rocky ohne optisch sichtbares Ziel an der Verpflegung vorbeiquetschen wird. Ich will weiter, aber was macht Konrad!? Er ißt eine Melone und will gleich wieder mit, und das bei Regen und Kälte! Da habe ich bald Ballast am HR. Also noch schnell was Vernünftiges in den Kerl reingestopft und wieder runter aus der Todeszone. Ach so, nebenbei habe ich ihm noch mein Vorhaben erklärt, da war noch dieser unsichere Blick, der zu fragen schien: "Habe ich was nicht mitbekommen?"
Danach lief es weiter wie geschmiert. Das mit Hm garnierte Flachstück zum dritten Pass geht ganz ordentlich. Inzwischen ist´s trocken. Schnell noch den vierten und letzten Pass erklettert! Oben dann ist schon das nächste Ungewitter sichtbar, also Kette rechts und runter, aber Vorsicht, kein Risiko, Riva in bester Gesundheit erreichen ist erstes Ziel.
Plötzlich Marshalls, die uns warnen, die Geschwindigkeit zu drosseln, es ist ein Krankenwagen in Gegenrichtung zu erwarten. Der weiter oben gelandete Hubschrauber ist zu weit weg und kann nicht eingreifen. Einen hat´s erwischt, Am nächsten Tag werden wir erfahren, dass zwei Wirbel gebrochen sind …
Manchmal ist´s gut, dass man nicht allzu viel Zeit zum nachdenken hat!
Unten im Flachen dann das Unwetter, also ab ins Ziel. Der Tag fordert Tribut, mein Akku geht zur Neige. Konrad, der brave Begleiter, wartet und wir fahren gemeinsam durchs Ziel mit einem glücklichen Grinsen über den gelungenen Coup ins Gesicht zementiert, der wohl auch beim Duschen nicht abgehen wird ;-)
Wie gelungen der Coup ist, sehen wir erst später. Nach dem Duschen treffe ich Bernd an der Rezeption, der einen leicht überraschten Eindruck macht, mich schon geduscht zu sehen. Seine Frage nach den Anderen kann ich leider auch noch nicht beantworten. Ein Wort zu Bernd generell, er fährt eindeutig in einer anderen Liga, selbst an einem solchen Tag war er eine Viertelstunde früher da. Schade für ihn, daß es ein Rennen in Zweierteams ist. Bei einer Einzelwertung wäre er deutlich weiter vorne gelandet. Respekt!
Also gehen wir mit Konrad erst mal zum Ziel gucken, wie´s ausschaut. Horst und Rocky kommen uns gerade entgegen. Herr Ritzel ruft mir schon entgegen. "Wo warst´n du?". Um die sichtbar unter Dampf stehende Lokomotive nicht zu entgleisen, probiere ich´s erst mal mit einem leicht geschwindelten "Na offensichtlich doch vor dir. Ich bin locker das Sellajoch hoch und habe dich nicht gesehen ..." Hihihi, pssst!
Dirk trudelt auch kurz danach ein, ebenso wie Fred und ... der Marathontrainer!!! Diese alte Kampfsau, Entschuldigung, wenn´s auf Erfahrung, Durchhhalten ankommt und psychologisch wird, macht er uns allen noch was vor.
Wir helfen den Teammates beim Räder in den Keller schaffen und sammeln die nasse und verdreckte Wäsche ein. Vor der Pastaparty noch schnell die Räder gepflegt. Die Pastaparty ist in einer Eissporthalle, Rocky hätte uns wahrscheinlich am liebsten gegen die Bande "gecheckt". Der Broiler ist zabelhaft! Hinter mir fragt ein Idiot seinen Teampartner: "Isst du die Haut mit?" Ich glaube, es wird wirklich langsam Zeit, die Szene zu wechseln. Margarine statt Butter, Huhn ohne Haut, Soja statt Sau, eines morgens wollten uns schon welche "Leisblei" andrehen, wel weiß, was das für Dauelfolgen hat!
Heimlich schaue ich mir die Gesamtwertung an, da haben wir mit Konrad heute einiges Durcheinander gestiftet, auf einmal ist Team L wieder auf 13 min an S heran und XL ist nicht weit dahinter! Zufrieden gehe ich diesen Abend ins Bett - Konrad schnarcht ausnahmsweise mal nicht - vielleicht liegt´s auch bei ihm am zufriedenen Grinsen im Gesicht.

6. Etappe 30.06.2006, Alleghe - Kaltern

Feinstes Wetter am Morgen des letzten Renntages. Etappe 7 wurde einstimmig zur Tour de Honeur erklärt. Es geht kurz bergab und dann gleich rein, in den Anstieg zum Mineralwasserpass San Pellegrino. Ich behalte Rocky im Auge, gehen lassen tue ich ihn heute nicht, dann der lange, breite Tunnel, bloss raus hier, ich gehe durch jede Lücke "wie ein Stier" wie Konrad hinterher urteilte. Den Anstieg nehmen wir etwas sportlich, ich möchte vor dem verpflegungsstellenscheuen Herrn Ritzel doch einen kleinen Vorsprung haben, Konrad ist vor mir. Oben fahren wir nach dem Auffüllen der Flaschen weiter, kein Teammate in Sicht.
Die Abfahrt ist lang und schön, weiter geht´s zum Karerpass und dann über Wolkenstein, meinem und Konrads ersten alpinem Wintersportort, wo wir fast zu Tode gemästet wurden, nach Deutschnofen. An der zweiten Verpflegung holt uns Rocky ein. Das kann eng werden heute. Also lieber noch mal ein bisschen zu schnell als zu langsam gefahren. Oben auf dem letzten nennenswerten Pass der Etappe bin ich dann aber doch ziemlich am Ende, kann Konrads HR nicht mehr halten. Eine elend lange, aber sehr schöne Abfahrt ins Etschtal schliesst sich an. Geniessen kann ich´s nicht so richtig, weil mir der Rücken zu explodieren droht. Es ist auch einiger Schwerverkehr unterwegs, dem ich nicht unbedingt frontal begegnen möchte, also Obacht. Auf der Abfahrt wartet Frau Röhrborngasse, kurzer Wink und weiter geht´s. Unten steht das Schild Kaltern 6,5 km, Fahrzeit 4;45 h. Momentane Geschwindigkeit 32 km/h. Ich rechne, dass es eine Fahrzeit unter 5 h werden könnte, wenn, ja wenn da nicht noch der
Coyotenpass kommen sollte. Und dann kommt er! Was ein Krüppel, vielleicht max. 150 Hm, aber "schnell an Höhe gewinnend". Mein Tacho zeigt Werte an, die Österreichern auf Schneckenjagd zur Ehre gereicht hätten, 6 km/h. Im Ziel sind´s dann doch irgendwas bei 5h15min. Zwei Min. nach uns kommen Horst und Frank, Dirks Zeit wird jetzt entscheidend sein für den Abschluss der Teamwertung. Am Ende gewinnt Team L mit 10 min Vorsprung vor S und diese liegen wiederum 10 min vor XL. Da hätte der eine oder andere auch mal mit jemandem gemeinsam fahren können, oder? Unsere GrandMasters sind etwas abgeschlagen, aber wen interessiert´s! "To finish First you have to finish first!" Und das Ziel haben wir alle erreicht, wenn morgen nicht noch etwas Unvorhergesehenes passiert. Die Stimmung ist entspannt, zufriedene Gesichter allerorten, jetzt muss nur noch Deutschland gegen Argentinien gewinnen! Der Abend wird im Biergarten des Hotels ausklingen gelassen, Klaus futtert die Speisekarte rauf und runter, bis die Tomatensuppe alle ist. Dabei schauen wir Fussball mit Verlängerung und letztlich erfolgreichem Elfmeterschiessen.

7. Etappe 30.06.2006, Kaltern - Riva del Garda, Tour de Honeur

Das Wetter ist schön, ich nehme keine Regensachen mit, es geht nicht mehr weit hoch, es sind nur noch wenige Hm. Am Pass de Mendolo fahren wir (fast) alle gemeinsam im Gruppetto, wir sind aus Startblock D gestartet, um niemanden aufzuhalten. Die Stimmung ist gut. Es werden die verschiedenen Schiebegriffe der MixedTeams lautstark kommentiert, was fast zu Lachunfällen geführt hätte! Ist aber auch zu bescheuert, seiner Partnerin die Luft abzudrücken, das machen wir ja nicht mal mit Peter! Ich weiche dem Marathontrainer heute nicht von der Seite, was zur Folge hat, dass ich am zweiten Berg ein Picollo Bier mit ihm trinken darf. Oben an der zweiten Verpflegung warten die Kollegen deshalb fast zehn Minuten! Hier taucht auch die Teamfotografin auf und lichtet uns ab. So radeln wir alle zusammen Richtung Riva. Auf der letzten Abfahrt ist Zeitnahme. Unten im Ort bekommen wir unser Straßenschild und fahren alle acht gemeinsam durchs Ziel. Geschafft! Eine Riesenlast fällt von mir ab. Ich bin zufrieden mit meiner Leistung und sehne mich danach, die Radklamotten und das Rad los zu werden. Wir machen noch eine Fotosession am See, geben die Räder an den LKW´s ab und buckeln unsere Taschen ins Hotel. Dort verabreden wir uns am Pool zum Wiegen! Bei mir fehlen fast 4,5 kg! Aber keine Angst, die Hälfte ist Wasser, das wieder aufgefüllt werden muss! Das tun wir auch mit einem ersten HWH, ist auch 95% Wasser drin. Danach ab in den Pool per Arschbombe! Noch ein 15 m Sprintwettkampf, jeder gegen jeden! Dann ab unter die Dusche und zur Finisherparty. Dort gönne ich mir erst mal ein Spanferkelbrot und mehrere Bier, während wir anstehen. Es gibt den dritten Broiler der Tour und in heissem Fett ausgebackene Kartoffelstäbchen á la Schranke (Majo, Ketchup).

Finisher-Norbert

Frau Verlag (Delius Klasing) ist auch stolz auf den 153er aus der Röhrborngasse, wie man unschwer erahnen kann.